Brauen ohne Thermometer

Anleitung als PDF auf 5 Seiten: 

Dies ist eine Anleitung zum Bierbrauen mit Hilfsmitteln die in jedem Haushalt zu finden sein sollten. Es werden benötigt:

  • 7 Liter Topf
  • Wasserkocher (1,5 Liter)
  • Decke zum Einwickeln des Topfes
  • Etwas Bindfaden
  • Wäschenetz
  • Trichter
  • Etwas Desinfektionsmittel (5% Saure mit Tensid)
  • Gärballon
  • Gärröhrchen

Zutaten für ein Belgisches Starkbier (Tripel) mit 8 % Alkohol:

  • 1 kg Helles Malz (z.B. Pilsener Malz)
  • 350 g Weizenflocken
  • 190 g Zucker
  • Hopfen (8g Cascade , 6g Hallertau Mittelfrüh )
  • Bierhefe (Trockenhefe von Fermentis „BE-256“ oder „BE-134“)

Weiterhin können noch Utensilien zur besseren Überwachung (z.B. Thermometer) und für kleinere Zeitersparnisse dazu geholt werden. Aber wenn die Mengen an Heißwasser eingehalten werden und die Decke gut Isoliert, werden auch die notwendigen Temperaturen erreicht. Und mit den richtigen Mengen an Malz und Wasser wird auch der gewünschte Zuckergehalt erreicht und muss nicht mit einem Hydrometer nachgemessen werden. Diese Anleitung kühlt die Würze über Nacht herunter und benötigt keine aktive Kühlung, dafür aber eine gute Hygiene und saubere Arbeitsflächen.

Wahlweise (Kontrolle & Komfort):

  • Thermometer und Hydrometer zur Kontrolle
  • Jod zur Überprüfung der Stärkeumwandlung

Bierbrauen ist im wesentlichen Zucker-Gewinnung aus Stärke. Die Stärke sitzt im Malzkorn und benötigt für die Umwandlung Enzyme und gewisse Temperaturen, bei denen die Enzyme aktiv sind.

Ein kurzer Ausflug in den Mälzprozess gibt Aufschluss über die Herkunft der notwendigen Enzyme: Getreidekörner (z.B. Gerste) wird zum Keimen angeregt, indem die Umgebung des Kornes warm und feucht gehalten wird. Setzt das Korn den Keimungsprozess an, werden Enzyme produziert welche den Energiespeicher des Kornes (Stärke) in leichter verfügbare Zucker zersetzten können. Diese Zucker (Maltose & Maltotriose) werde für das zügige Wachstum der Pflanze am Anfang benötigt. Die Brauerin möchte aber ebenfalls die Zucker für Ihr Bier haben, daher wird der Keimungsprozess von der Mälzerin im frühen Stadium unterbrochen. Nach dem die ersten Wurzeln zu sehen sind wird das Getreide wieder getrocknet und nennt sich nun Malz. Dieses Malz enthält nun ausreichend Enzyme und noch genügend Stärke.

Schritt 1: Wasser erwärmen und Maischen

Zuerst wird der Topf in die Decke eingewickelt und das Wäschenetz in den Topf hängt. Dann 0,5 Liter kaltes Wasser aus der Leitung in den Topf vorgeben und insgesamt 3,0 Liter kochendes Wasser dazugeben. Hierbei wird die „Riemannsche Mischungsregel“ genutzt, um die entstehende Mischtemperatur zu bestimmen. Die Zieltemperatur liegt bei 78 °C, um nach der Erwärmung von Topf und Malz bei 67 °C zu landen. Diese Temperatur ist die Obergrenze der Aktivität des Enzyms Beta-Amylase und sorgt für viele kurzkettige Zucker, die später besser von der Hefe verdaut werden und ein trockenes Bier ergeben. Da der Wasserkocher lediglich ein Volumen 1,5 Liter besitzt, kann nach der ersten Gabe Heißwasser schon das Malz in einmischt werden und parallel die zweite Ladung mit 1,0 Liter Wasser erwärmen. Nachdem auch die zweite Ladung kochendes Wasser UNTER STÄNDIGEN RÜHREN (Wichtig, weil sonst einige Stellen im Topf zu heiß werden können und die Enzyme zerstören.) dazu gegeben wurde, noch einmal umrühren und den Topf mit der Decke komplett umwickeln, damit die Temperatur stabil bleibt. Das Malz wird nun gemaischt und die Stärke wird in Zucker umgewandelt.

Um zu kontrollieren ob alle Stärke in Zucker umgewandelt wurde, wird eine Jod-Probe durchgeführt. Das braune Jod führt in Verbindung mit Stärke zu einer Farbreaktion und wird lila bzw. leicht bläulich.

Zusammenfassung:

  1. Topf auf Decke stellen und Wäschenetz einhängen.
  2. 0,5 Liter kaltes Wasser in den Topf, dann 1,5 Liter kochendes Wasser dazu und Malz UND Weizenflocken einrühren.
  3. Weitere 1,0 Liter kochendes Wasser dazu und Topf komplett zudecken.
  4. Alle 15 Minuten umrühren und nach 60 Minuten noch einmal 0,5 Liter kochendes Wasser UNTER STÄNDIGEM RÜHREN hinzugeben, um die Temperatur wieder etwas zu erhöhen. insgesamt 90 Minuten warten.

Sollte ein Farbumschlag auftreten muss noch weiter gemaischt werden, da sonst im Bier einen unangenehmen mehliger und schleimigen Geschmack sowie eine milchige Trübung entstehen können. Dieses Bier wird in der Brauereitechnik als Blausud bezeichnet.

Schritt 2: Läutern und Kochen (Hopfengabe)

Nachdem die Stärke aus dem Malz in Zucker umgewandelt wurde und sich in Lösung befindet, muss der Festkörper von der Flüssigkeit getrennt werden. Dazu wird lediglich das Wäschenetz aus dem Topf genommen und auf ein Sieb gelegt, damit es noch weiter abtropfen kann. Obendrein wird das Malz noch einmal mit frischem Wasser gespült, um weiteren Zucker als dem Malz zu waschen. Hierfür wird 1 Liter Wasser aufgekocht und dann 0,5 Liter kaltes Wasser in den Wasserkocher dazu gegeben, damit die Mischtemperatur bei ca. 75 °C liegt. Das Wasser wird dann über das Malz im Netz gegossen, bis der Topf darunter mit 7 Liter voll ist. Das verbleibende Malz wird Treber genannt und die Zuckerlösung nennt sich nun Würze.

Der Topf wird auf den Herd gestellt und die Würze aufgekocht. Während des Aufkochens bleibt der Deckel auf dem Topf und eine Stelle neben dem Topf wird gründlich gereinigt. Auf die gereinigte Stelle wird dann der Deckel abgelegt, während die Würze kocht und nach kochende wieder zum Schutz vor hinfallenden Staub auf den Topf gesetzt. (Viele Deckel haben ein kleines Loch, damit Dampf entweichen kann und der Deckel nicht klappert. Dieses Loch sollte mit einem Stück Kreppband überklebt werden oder mit einem Stück Watte geschlossen werden, damit über Nacht keine kleinen Fliegen hineinklettern.)

Wenn die Würze anfängt zu kochen kann der Schaum ggf. überlaufen, daher vorsichtshalber einen Löffel bereithalten, um den Schaum unterzurühren. Dann erstmal 5 Minuten kochen, bis sich der Schaum setzt.

Die gesamte Kochzeit beträgt 60 Minuten und die erste Hopfengabe zur Bitterung erfolgt gleich am Anfang (8g Cascade). Nach 50 Minten erfolgt die zweite Hopfengabe, die so genannte Aromagabe (6g Hallertau Mittelfrüh), weil auf Grund der geringen verbleibenden Kochzeit noch viele Aromen aus dem Hopfen in der Würze verbleiben.

In 60 Minuten Kochen werden ca. 10-20% Prozent der Würze verdunsten, welche wir wieder mit frischem Wasser aus der Leitung auffüllen. Das hat zwei Vorteile. Erstens ist die Würze nicht mehr so dick und zuckrig, wodurch die Schwebeteilchen (Hopfenreste und ausgeflockte Eiweiße) schneller auf den Topfboden sinken und die Temperatur wird sehr schnell von 100 C auf 80 °C gesenkt.

Nach Kochende wird der Deckel wieder vorsichtig auf den Topf gelegt und gewartet bis die Würze abgekühlt ist.

Schnitt 3: Abkühlen, Gären (Hefegabe) und Zuckergabe

Wenn Wasser abkühlen soll, dann kann das schon einmal ziemlich lange dauern und Würze besteht zu ca. 85% aus Wasser. Ohne aktive Kühlung sinkt die Temperatur am Anfang noch sehr schnell, sobald es jedoch auf die Raumtemperatur zu geht, sinkt die Temperatur nur noch sehr langsam. Nachfolgend wurde die Temperatur im Verlaufe des Kühlen aufgezeichnet.

In der Abbildung ist zu sehen, dass die Würze in einem 7 Liter Topf nach 6 Stunden knapp unter 40 °C gefallen ist. Die Temperatur sollte mindestens erreicht werden, damit die Hefe nicht sofort abstirbt, wenn sie dazu gegeben wird.

Also kann nach 6 Stunden Wartezeit die Hefe hinzugegeben werden und der Würze damit Leben eingehaucht werde. Bei der Zugabe der Hefe, sagt man, solle an etwas Schönes gedacht werden! Daher immer positiv denken!

Gärröhrchen auf den Gärballon und nach einigen Stunden sollte die erste Aktivität in Form von Schaumbildung auf der Oberfläche und „Blubbern“ im Gärröhrchen.

Beim Umfüllen vom Topf in den Gärbehälter sollte auch eine kleine Probe gezogen werden, um den Zuckergehalt zu bestimmen. Dieses kann meist auf zwei Wegen erfolgen. Entweder mit einem Refraktometer (welcher den Lichtbrechungsindex einer Zuckerlösung bestimmt) oder einer Bierspindel (welche die Dichte der Zuckerlösung durch Ihre Eintauchtiefe bestimmt).

Für die belgischen Bierstile wird meistens noch Zucker zum Bier gegeben, dass erhöht später den Alkoholgehalt, denn aus zwei Teilen Zucker wird bei der alkoholischen Gärung die die Hefe vollzieht später ein Teil Alkohol (Ethanol). Leider sind nicht alle Zucker für die Hefen verwertbar, daher kann der Vergärgrad meist mit 80% angenommen werden. Kleines Rechenbeispiel: Das Bier hat einen Zuckergehalt von 12% (12 °P) und die Hälfte davon könnte Alkohol werden also 6% Alk., jedoch müssen 20% unvergärbare Zucker berücksichtig werden und das Bier hat damit später ca. 5% Alk.

Mit Zugabe des Zuckers am zweiten Tag der Gärung wird der Alkohol des Bieres noch einmal erhöht und die Hefe bekommen leicht verdaubares neues Futter.

Schritt 4: Abfüllen und Karbonisieren

Wenn die Schaumdecke im Gärballon verschwunden ist und keine Gasblasen mehr aus dem Gärröhrchen herauskommen, sind die Hefen fertig. Entweder gibt es keine verwertbaren Zucker mehr oder die Hefen haben unter der sogenannten Produktionshemmung, weil ihr Produkt (Alkohol) ihren eigenen Stoffwechsel hemmt.

Ab diesem Zeitpunkt heißt die Flüssigkeit im Gärbehälter Jungbier und ist zwar alkoholisch, aber schal wie ein Wein, da die Vergärung unter freier Atmosphäre stattgefunden hat. Sprich ohne Druck aufzubauen. Dieser Druck ist aber wichtig, um die Kohlensäure in einem Bier zu bilden, welche uns das spritzige, sprudlinge und erfrischende Gefühl gibt.

Die Kohlensure bildet sich auf dem anderen Stoffwechselprodukt der Hefen, das Kohlenstoffdioxid, welche in Wasser gelöst zu Kohlensäure wird. Die Löslichkeit von Kohlenstoffdioxid unter Druck ist größer und dadurch kann in einem verschlossenen Gärbehälter mehr Kohlensäure aufgebaut werden.

Die Druck-Gärbehälter werden die Flaschen sein aus denen später das Bier getrunken wird, in dem wir das schale Jungbier mit einer definierten Menge an Zucker und frischen Hefen in die Flasche geben.

Hier ist die Zuckermenge abhängig von Bierstil, da ein Weizenbier höher karbonisiert sein sollte als ein Pils oder ein englisches Brown-Ale.

Die Empfehlung für zu Hause sind 3g Haushaltszucker in jede Flasche, Verschluss drauf und weitere zwei Wochen warten.

Dann ist das Bier fertig! Prost

Zeitplan

17:00:00Aufbau
17:20:00Wasserkocher an
17:27:00Wasserkocher fertig, Wasser in Topf, neues Wassererwärmen und Malz gut einrühren
17:35:00zweites Wasser fertig
17:38:00Start der ersten Rast
17:53:00Umrühren, 15 Minuten Timer
18:10:00Umrühren, 15 Minuten Timer
18:25:00Umrühren, 15 Minuten Timer
18:41:00Umrühren, 15 Minuten Timer, Jod probe, plus 0,5 Liter heißes Wasser.
19:10:00Jodprobe, Wasserkocher mit 1 Liter an und 0,5 Liter kaltes zum Wasserkocher für Nachlauf
19:25:004 Liter mit 16°P nach Nachlauf 6,5 Liter mit 13,2°P
19:50:00Kochbeginn
20:52:00Kochende 4,5 Liter mit 18°P, plus 2 Liter Wasser
03:00:0038°C und abfüllen (5,5 Liter mit 13°P)
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